Mittwoch, 2. April 2014

Rezension „Vor uns die Sintflut“ von J. Scheven


„Vor uns die Sintflut“ von J. Scheven


3000 Jahre ist sie alt, unsere Erde, der Ansicht ist zumindest J. Scheven in seinem Buch „Vor uns die Sintflut“, was 2007 kostenlos an viele Schulen verschickt wurde. Scheven ist ehemaliger Biologielehrer und Anhänger des Junge-Erde-Kreationismus. Mit diesem Buch wurde ich 2009 im Geologiestudium konfrontiert, als ich für einen Vortrag die Plausibilität seiner getroffenen Aussagen kritisch beleuchten sollte.

Die heutige Geologie geht von der Aktualismus-Theorie aus, die in etwa besagt, dass geologische Vorgänge, die man heute beobachten kann, genauso auch in der Vergangenheit gewirkt haben. Scheven bestreitet das. Er geht davon aus, dass wir heute nur in einem besonders ruhigen geologischen Zeitalter leben. Er ist Anhänger des Katastrophismus. Der Katastrophismus meint, dass alle Tiere und Pflanzen einer Region durch Naturkatastrophen am Ende einer geologischen Epoche vernichtet werden und durch neu geschaffene Arten ersetzt werden. Scheven kritisiert den Aktualismus und sagt: „Ob die Schlussfolgerungen richtig sind, entscheidet sich daran, ob sie mit dem Wort Gottes übereinstimmen.“ Was ungefähr so viel bedeutet, wie: Alle Schlussfolgerungen, die nicht mit der Bibel übereinstimmen sind falsch.

Scheven stellt die Erdgeschichte als Abfolge rascher geologischer Prozesse dar, die sich um das einzige geologische Ereignis drehen, was in der Bibel vermerkt ist: Die Sintflut. Nach der 6-tägigen Schöpfung vergingen also 1656 Jahre bis zur Sintflut, in denen die Erde stabil war. Die Sintflut geht 370 Tage und ist für die meisten Massenaussterben und auch für die Fossilierung  verantwortlich, die laut Scheven heute gar nicht mehr möglich sei. Alles ging schnell und ist mit großer Kraft passiert. Nach der Sintflut folgen 101 Jahre Dinosaurier. Danach erlebt die Erde 1400 Jahre Kontinentaldrift, die er mit der biblischen Beschreibung der Zerteilung der Erde begründet. In diese Zeit fällt auch die Eiszeit und die „Rassenbildung“.

Das Buch will wissenschaftlich sein, ist aber voller Widersprüche. Er widerspricht sich selber, als er nicht mehr von „der Sintflut“ spricht, sondern von allen weiteren sintflutartigen Zuständen in allen erdgeschichtlichen Epochen, auch im Tertiär (irgendwie muss er ja das Aussterben von Arten außerhalb der Zeit der Sintflut erklären). Die Bereitschaft die Sintflut als Ursache geologischer Erscheinungen in Erwägung zu ziehen, nennt er „sehen lernen“. Scheven dreht die Fakten, wie er sie braucht. Stimmt seine Theorie nicht mit bekannten wissenschaftlichen Fakten überein, so spricht er von „Täuschung“ oder erfindet neue Begriffe, wie „Trogablagerungen“ und Prozesse, wie „Wassersortierung“. Er kritisiert dann den Aktualismus gerade damit, dass er an den kreationistischen Schlussfolgerungen verzweifelt. Er deutet Beweise grundsätzlich so, dass sie zu seinen Theorien passen: „Zerdrückte Molluskenschalen sind eindrückliche Beispiele für eine rasche Sedimentation.“
Es gab Menschen vor der Sintflut, aber diese sind wenn, dann nur noch als „flüssige Kohlenwasserstoffverbindungen“ vorhanden; dass man keine weiteren Spuren finde, sei „Gottes Absicht“.
Er benutzt die Wissenschaft dort, wo sie ihm nützlich ist und lehnt sie ab, wo sie seine Theorien nicht stützen kann, sondern widerlegt. Führt er plausible Aussagen von Wissenschaftlern an, die seine Theorie wiederlegen, sagt er, dass sie „noch nicht sehen können“. Etablierte Methoden zur Altersbestimmung ignoriert er.
Zentrale Fragen lässt er komplett aus: Wieso sterben in einer Flut Meerestiere ab? Wieso berichtet die Bibel nicht über die Dinosaurier und das Zusammenleben der Menschen mit ihnen, wenn diese doch nach Noah kommen? Wieso gibt es nur auf Australien Beuteltiere und wie brachte Noah sie dorthin?

Die Darstellungen sind durchweg subjektivistisch, interpretativ und selbstsuggestiv.
Das Buch enthält viele tolle Hochglanzfotos, aber die Texte darin kann man nicht wirklich ernst nehmen weil sie an der Wirklichkeit völlig gescheitert sind.




PS: Für Interessierte unbedingt zu empfehlen: http://www.transvesting.de/kreationismus.htm

Teschtirp beschreibt nicht nur, wie er zum ersten Mal mit dem Buch in Berührung kam, sondern hat auch den kompletten Mailwechsel mit der zuständigen bischöflichen Diözese angehängt und eine hochinteressante Zeitberechnung der Eiszeit, die er auf den Grundlagen Schevens anlegte.

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