„Vor uns die Sintflut“ von J. Scheven
3000 Jahre ist sie alt, unsere Erde, der
Ansicht ist zumindest J. Scheven in seinem Buch „Vor uns die Sintflut“, was
2007 kostenlos an viele Schulen verschickt wurde. Scheven ist ehemaliger
Biologielehrer und Anhänger des Junge-Erde-Kreationismus. Mit diesem Buch wurde
ich 2009 im Geologiestudium konfrontiert, als ich für einen Vortrag die
Plausibilität seiner getroffenen Aussagen kritisch beleuchten sollte.
Die heutige Geologie geht von der
Aktualismus-Theorie aus, die in etwa besagt, dass geologische Vorgänge, die man
heute beobachten kann, genauso auch in der Vergangenheit gewirkt haben. Scheven
bestreitet das. Er geht davon aus, dass wir heute nur in einem besonders
ruhigen geologischen Zeitalter leben. Er ist Anhänger des Katastrophismus. Der
Katastrophismus meint, dass alle Tiere und Pflanzen einer Region durch Naturkatastrophen
am Ende einer geologischen Epoche vernichtet werden und durch neu geschaffene
Arten ersetzt werden. Scheven kritisiert den Aktualismus und sagt: „Ob die
Schlussfolgerungen richtig sind, entscheidet sich daran, ob sie mit dem Wort
Gottes übereinstimmen.“ Was ungefähr so viel bedeutet, wie: Alle
Schlussfolgerungen, die nicht mit der Bibel übereinstimmen sind falsch.
Scheven stellt die Erdgeschichte als
Abfolge rascher geologischer Prozesse dar, die sich um das einzige geologische
Ereignis drehen, was in der Bibel vermerkt ist: Die Sintflut. Nach der
6-tägigen Schöpfung vergingen also 1656 Jahre bis zur Sintflut, in denen die
Erde stabil war. Die Sintflut geht 370 Tage und ist für die meisten
Massenaussterben und auch für die Fossilierung verantwortlich, die laut
Scheven heute gar nicht mehr möglich sei. Alles ging schnell und ist mit großer
Kraft passiert. Nach der Sintflut folgen 101 Jahre Dinosaurier. Danach erlebt
die Erde 1400 Jahre Kontinentaldrift, die er mit der biblischen Beschreibung
der Zerteilung der Erde begründet. In diese Zeit fällt auch die Eiszeit und die
„Rassenbildung“.
Das Buch will wissenschaftlich sein, ist
aber voller Widersprüche. Er widerspricht sich selber, als er nicht mehr von
„der Sintflut“ spricht, sondern von allen weiteren sintflutartigen Zuständen in
allen erdgeschichtlichen Epochen, auch im Tertiär (irgendwie muss er ja das
Aussterben von Arten außerhalb der Zeit der Sintflut erklären). Die
Bereitschaft die Sintflut als Ursache geologischer Erscheinungen in Erwägung zu
ziehen, nennt er „sehen lernen“. Scheven dreht die Fakten, wie er sie braucht.
Stimmt seine Theorie nicht mit bekannten wissenschaftlichen Fakten überein, so
spricht er von „Täuschung“ oder erfindet neue Begriffe, wie „Trogablagerungen“
und Prozesse, wie „Wassersortierung“. Er kritisiert dann den Aktualismus gerade
damit, dass er an den kreationistischen Schlussfolgerungen verzweifelt. Er
deutet Beweise grundsätzlich so, dass sie zu seinen Theorien passen:
„Zerdrückte Molluskenschalen sind eindrückliche Beispiele für eine rasche
Sedimentation.“
Es gab Menschen vor der Sintflut, aber
diese sind wenn, dann nur noch als „flüssige Kohlenwasserstoffverbindungen“
vorhanden; dass man keine weiteren Spuren finde, sei „Gottes Absicht“.
Er benutzt die Wissenschaft dort, wo sie
ihm nützlich ist und lehnt sie ab, wo sie seine Theorien nicht stützen kann,
sondern widerlegt. Führt er plausible Aussagen von Wissenschaftlern an, die
seine Theorie wiederlegen, sagt er, dass sie „noch nicht sehen können“.
Etablierte Methoden zur Altersbestimmung ignoriert er.
Zentrale Fragen
lässt er komplett aus: Wieso
sterben in einer Flut Meerestiere ab? Wieso berichtet die Bibel nicht über die
Dinosaurier und das Zusammenleben der Menschen mit ihnen, wenn diese doch nach
Noah kommen? Wieso gibt es nur auf Australien Beuteltiere und wie brachte Noah
sie dorthin?
Die Darstellungen
sind durchweg subjektivistisch, interpretativ und selbstsuggestiv.
Das Buch enthält viele tolle
Hochglanzfotos, aber die Texte darin kann man nicht wirklich ernst nehmen weil
sie an der Wirklichkeit völlig gescheitert sind.
PS: Für
Interessierte unbedingt zu empfehlen: http://www.transvesting.de/kreationismus.htm
Teschtirp beschreibt nicht nur, wie er
zum ersten Mal mit dem Buch in Berührung kam, sondern hat auch den kompletten
Mailwechsel mit der zuständigen bischöflichen Diözese angehängt und eine
hochinteressante Zeitberechnung der Eiszeit, die er auf den Grundlagen Schevens
anlegte.
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